Neuer Rechtsrahmen für Breitbandförderung in der EU

Autor: Clemens Brandt

Veröffentlicht: Zuletzt aktualisiert:

Kategorie: Breitband , Europa

2 Min. Lesezeit
EU Flaggen
EU Flaggen
EU Flaggen
EU Flaggen

Die EU-Kommission hat am 12. Dezember ihre neuen Breitbandleitlinien veröffentlicht. Die Leitlinien setzen den Rahmen für die Breitbandförderung in den EU-Mitgliedstaaten. Diese haben ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der neuen Leitlinien im Amtsblatt der EU (voraussichtlich im Januar 2023) zwölf Monate Zeit, ihre beihilferechtlichen Regelungen an die Leitlinien der Kommission anzupassen.

Die überarbeiteten Leitlinien sehen insbesondere Folgendes vor:

Anhebung der Aufgreifschwelle: Künftig dürfen die Mitgliedstaaten in Gebieten Fördermittel einsetzen, in denen der Markt den Endnutzern keine Verbindung mit einer Download-Geschwindigkeit von mindestens 1 Gbit/s und einer Upload-Geschwindigkeit von mindestens 150 Mbit/s bietet und voraussichtlich auch nicht bieten wird. Die verfügbare Download-Geschwindigkeit muss sich durch die Förderung mindestens verdreifachen.

  • In Gebieten, in denen mindestens zwei ultraschnelle Netze vorhanden sind, von denen aber keines Gigabitgeschwindigkeiten anbietet, ist die Zulässigkeit von Fördermaßnahmen davon abhängig, wie wahrscheinlich ein privatwirtschaftlicher Gigabitausbau ist. Hier unterscheidet die Kommission drei Szenarien, abhängig von der Leistungsfähigkeit der vorhandenen Netze. Dabei lässt sich zusammenfassen: Wo ein Glasfaser- oder ein HFC-Netz vorhanden ist, bedarf es keiner Fördermaßnahmen. Diese Einschätzung kann erst nach fünf Jahren überprüft werden.
  • Mischgebiete aus grauen und weißen Flecken können in engen Grenzen als insgesamt weißer Fleck behandelt werden, sodass es auf die Gigabitfähigkeit der vorhandenen Netze nicht ankommt. Dort wird der (örtliche) Überbau gigabitfähiger Netze explizit erlaubt.
  • Gebiete, in denen bereits ein Netz vorhanden ist, das mindestens 1 Gbit/s im Download und mindestens 150 Mbit/s im Upload anbietet bzw. nach Aufrüstung anbieten kann, sind nicht förderfähig.

Mobilfunkförderung (einschließlich 5G-Netze): Künftig dürfen Mobilfunknetze mithilfe von Fördergeldern ausgebaut werden, wenn private Betreiber die Investitionen ansonsten nicht getätigt hätten und die Investitionen nicht durch andere Maßnahmen – etwa Versorgungsauflagen im Rahmen von Frequenzzuweisungen – zu erwarten sind. Auch der Aufbau sog. Backhaul-Netze, die den Mobilfunkverkehr in die Festnetze abführen, ist unter bestimmten Bedingungen förderfähig.

Gutscheine als Anreizinstrumente: Die neuen Leitlinien legen fest, unter welchen Voraussetzungen Sozialgutscheine und Konnektivitätsgutscheine eingesetzt werden dürfen, um Verbrauchern und gewerblichen Nutzern einen Anreiz zu bieten, Breitbanddienste zu nutzen, um damit den Ausbau voranzutreiben.

Vereinfachungen bei Verfahrensvorschriften: Bestimmte Vorschriften werden vereinfacht, um die praktische Anwendung der Leitlinien zu erleichtern und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Behörden zu verringern. Gleichzeitig tragen diese Maßnahmen dazu bei, den Wettbewerb zu wahren und Lock-in-Effekte zu vermeiden.

Die ANGA hat sich intensiv in die Debatte um die neuen Breitbandleitlinien eingebracht und dabei vor allem die erhebliche Erhöhung der Aufgreifschwellen kritisiert. Hier hat die Kommission durch Einführung der Prognoseentscheidung in wettbewerbsintensiven Gebieten nachgebessert. Unverständlich bleibt, warum die Aufgreifschwellen auf Gigabitgeschwindigkeiten rekurrieren, die Ausbauziele in den neuen Leitlinien aber hinter solchen Geschwindigkeitsforderungen zurückbleiben (lediglich Verdreifachung der Ausgangsgeschwindigkeit). Die Erlaubnis zum geförderten Überbau in weiß-grauen Flecken lehnt die ANGA nachdrücklich ab. Damit wird ein fatales Signal in die Branche und an Investoren gesendet.

Für die Förderpraxis in Deutschland werden die neuen Leitlinien zunächst eine untergeordnete Rolle spielen – das Bundesdigitalministerium arbeitet bereits an einer neuen Förderrichtlinie basierend auf den alten Leitlinien. Für die Zukunft besteht die zentrale Forderung der ANGA indes fort: Der geförderte Ausbau darf private Investitionen nicht verdrängen. Eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip gilt es zu vermeiden.