Das neue TKG auf dem Prüfstand
Vor einem Jahr ist das neue Telekommunikationsgesetz in Kraft getreten. Es soll u.a. Konnektivität sicherstellen und bildet den Rahmen für den weiteren eigenwirtschaftlichen Ausbau von Gigabitnetzen. Damit dient es auch der Umsetzung des Ziels eines flächendeckenden FTTH-Ausbaus bis 2030, das in der der Gigabitstrategie der Bundesregierung verankert ist.
Erfüllt das neue TKG diese Aufgabe? Der Jahrestag des Inkrafttretens bietet sich für eine erste Bewertung an. Folgende Themen sind dabei aus unserer Sicht besonders wichtig:
- Universaldienst: Seit Ende letzten Jahres hat jeder Bürger einen Rechtsanspruch auf eine Mindestversorgung mit TK-Diensten. Das geht über den bisherigen Universaldienst hinaus. Die Details hat die BNetzA diesen Sommer in einer Rechtsverordnung geregelt. Dabei hat sie einen Maßstab gewählt, der von Mobilfunk und Satellit nur schwierig zu erfüllen ist. Das rächt sich in der Praxis: Die Behörde geht zunehmend davon aus, dass nur feste Anschlüsse die Mindestversorgung gewährleisten. Erschwerend kommt hinzu, dass die BNetzA Neubaugebiete als unterversorgt einstuft, bei denen eigentlich der geförderte Ausbau von Glasfasernetzen – und nicht die Mindestversorgung mittels Universaldienst – das Mittel der Wahl wäre. Als Folge wird in unterversorgten Gebieten voraussichtlich Kupfer als Minimallösung ausgebaut. Das stellt die Bürger im Zweifel nicht zufrieden, blockiert Kapazitäten für den Glasfaserausbau und kann sogar eine spätere Förderung hemmen.
- Inhaus-Ausbau: Zum 1.7.2024 fällt die mietrechtliche Umlagefähigkeit der Kosten des Betriebs von Inhaus-Netzen weg. Dadurch hat der Gesetzgeber die Refinanzierung des Inhaus-Ausbaus deutlich erschwert. Als Ersatz soll das neu eingeführte Glasfaserbereitstellungsentgelt dienen. Es ist allerdings in der Handhabung kompliziert und auf einen Betrag gedeckelt, der nach Aussage der Unternehmen in der Praxis oft zu niedrig ist. Bisher hat es die Erwartungen an eine Unterstützung des oft schwierigen und kostenträchtigen Inhaus-Ausbaus daher nicht erfüllt.
- Alternative Verlegemethoden: Das neue TKG sieht ausdrücklich vor, dass mindertiefe Verlegemethoden zum Einsatz kommen sollen. Eine Ablehnung durch den Wegebaulastträger soll nach den Erläuterungen des zuständigen Ministeriums der Ausnahmefall sein. Wir haben diese Regelung begrüßt und engagieren uns in der Standardisierung von Trench-, Fräs- und Pflugverfahren, damit der Stand der Technik verbindlich festgehalten wird. Trotzdem sind weitere Schritte erforderlich, um die Akzeptanz insbesondere bei den Kommunen zu erhöhen. Hier muss sich die Bundesregierung gegenüber den Ländern und Kommunen aktiv engagieren, damit der Gedanke des TKG in der Praxis zum Tragen kommt.
- Beschleunigung und Digitalisierung von Genehmigungsverfahren: Baurechtliche Genehmigungsverfahren dauern in Deutschland zu lange. Das TKG selbst hat wichtige Grundlagen geschaffen. Insbesondere die Genehmigungsfiktion für den Fall, dass die Behörde nicht innerhalb von drei Monaten auf einen Bauantrag reagiert, kann Verfahren beschleunigen. Für weitere Abhilfe müssen aber die Länder sorgen: Sie beeinflussen mit ihren Landesbauordnungen und der Organisation von Genehmigungsverfahren auf der kommunalen Ebene, wie lange es von der Antragsstellung bis zum ersten Spatenstich dauert. Erste Projekte einzelner Länder gehen in die richtige Richtung. Insgesamt besteht aber noch Nachholbedarf im Bereich Beschleunigung und Digitalisierung von Genehmigungsverfahren.
Es ist noch viel zu tun, wenn das politische Ziel einer flächendeckenden FTTH-Infrastruktur bis 2030 erreicht werden soll. An einigen Stellen hemmen die neuen Vorgaben im TKG den Ausbau. Und selbst dort, wo das Gesetz die richtigen Weichen stellt, hapert es in der Praxis an notwendigen Regeln der Länder und der Akzeptanz auf kommunaler Ebene.
Die Unternehmen haben angekündigt, mehr als 50 Mrd. EUR in den Glasfaserausbau zu investieren. Damit das möglich ist, brauchen sie einen Regulierungsrahmen, der Konnektivität nicht nur als Ziel hat, sondern auch die dafür notwendigen Maßnahmen ermöglicht.