Ein Jahr Gigabitstrategie der Bundesregierung: ANGA zieht gemischtes Fazit
- Präsident Braun: „Es bleibt weiterhin viel zu tun“
- Positive Entwicklungen bei Förderung und modernen Verlegetechniken
- Schutz von Netzinvestitionen erforderlich
- Länder müssen bei Genehmigungsverfahren nachziehen
Berlin, 3. Juli 2023. Die Gigabitstrategie der Bundesregierung soll „der zentrale Kompass auf dem Weg zu digitalen Gigabitinfrastrukturen in Deutschland sein“. Ein Jahr nach der Veröffentlichung zieht ANGA Der Breitbandverband eine gemischte Zwischenbilanz. „Es hat sich einiges getan. Aber es bleibt noch viel zu tun, wenn wir die Ziele der Strategie – Versorgung der Hälfte aller Haushalte bis 2025 mit Glasfaseranschlüssen und flächendeckenden Glasfaserausbau bis 2030 – schaffen wollen“, betont ANGA-Präsident Thomas Braun.
„Auf der Haben-Seite steht vor allem die neue Förderrichtlinie. Sie enthält eine klare Positionierung gegen geförderten Überbau existierender oder geplanter Gigabitnetze und nimmt zumindest im Ansatz eine Priorisierung bei den Fördergebieten vor“, so Braun. Der Verband appelliert für einen noch stärkeren Vorrang des eigenwirtschaftlichen Ausbaus und den Schutz privater Investitionen. „Unsere Devise lautet klar: Privat vor Staat“, unterstreicht der ANGA-Präsident.
Fortschritte wurden aus Sicht des Verbandes bei der effizienteren Gestaltung von Genehmigungsverfahren gemacht: Mit dem Breitbandportal der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz steht eine Lösung auf Länderebene zur Verfügung. Dieser sollten sich zügig weitere Länder anschließen. Sie müssen dringend die rechtlichen und praktischen Voraussetzungen für einen effizienteren und zügigeren Ausbau schaffen. Ein Meilenstein für die Branche ist die Standardisierung alternativer Verlegemethoden. „Sie führt hoffentlich dazu, dass moderne Verlegetechniken wie Trenching künftig deutlich häufiger zum Einsatz kommen“, sagt Braun.
Weitere regulatorische Weichenstellungen erforderlich
Gleichzeitig besteht an vielen Stellen noch Handlungsbedarf für die Politik: Die Gigabitstrategie spricht sich klar für den Vorrang des eigenwirtschaftlichen Ausbaus aus. Damit dieser in der Praxis gelebt werden kann, sind weitere regulatorische Weichenstellungen erforderlich. Angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und steigender Kosten beim Ausbau, sind die richtigen Rahmenbedingungen für die Investoren wichtiger denn je, damit die angekündigten 50 Milliarden Euro in den Glasfaserausbau hierzulande fließen.
Die Gigabitstrategie sieht vor, gegen einen wettbewerbswidrigen Überbau gegebenenfalls regulatorisch vorzugehen. Dieser Ankündigung müssen Taten folgen. Wenn die Deutsche Telekom ihre erhebliche Marktmacht missbraucht, um Wettbewerber im Glasfaserbereich aus dem Markt zu drängen, muss sie mit Blick auf ihre Glasfasernetze stärker durch die Bundesnetzagentur reguliert werden. Ein strategischer Doppelausbau konterkariert die Gigabit-Ziele der Bundesregierung.
Refinanzierung des Inhaus-Ausbaus erleichtern
Das neu eingeführte Glasfaserbereitstellungsentgelt, das Telekommunikationsunternehmen befristet für die Errichtung der gebäudeinternen Glasfaserinfrastruktur erheben dürfen, erfüllt aus Sicht der ANGA seinen Zweck bisher nicht. Die gesetzlich festgelegten Beträge sind zu niedrig und müssen auf die tatsächlich durchschnittlich entstehenden Kosten angehoben werden. Auch müssten Wettbewerber, die kostenlos ein Glasfaser-Inhausnetz mitnutzen, zumindest die Kosten für die Aufschaltung tragen.
Investitionen in die Netzinfrastruktur schützen
Für eine leistungsfähige und flächendeckende Gigabitversorgung müssen Glasfaser- und Mobilfunkausbau aus Sicht der ANGA zusammengedacht werden. Im Jahr 2025 werden die Nutzungsrechte für Mobilfunkfrequenzen neu vergeben. Eine erneute teure Auktion würde dem Markt wichtige Mittel für den weiteren Ausbau entziehen und wäre eine erhebliche Entwertung der Investitionen der Unternehmen.
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